Wer glaubt, dass die Pilzsaison mit dem ersten Frost endet, der irrt – und ich hätte früher selbst nicht gedacht, wie lebendig der Wald gerade in den kalten Monaten sein kann. Schon als Kind war ich mit meinen Eltern in den Wäldern Brandenburgs unterwegs, immer auf der Suche nach Pfifferlingen, Steinpilzen und Maronen. Mit meinem „Adlerauge“ entdeckte ich damals selbst im Vorbeifahren Pilze am Wegesrand. Doch erst viele Jahre später, nach einem Pilzkurs und unzähligen Spaziergängen, öffnete sich mir eine ganz neue, winterliche Welt der Pilze. Einer von ihnen hat mich besonders in seinen Bann gezogen: der Austernseitling – ein überraschend heimischer, vielseitiger und ausgesprochen köstlicher Winterpilz, den ich früher nur aus dem Supermarkt kannte. Ein einfaches Rezept für eine Austernpilz-Bolognese findest du am Ende des Beitrags.
*Achtung: Dieser Beitrag ist rein informativ. Das Sammeln und Verzehren von Pilzen erfolgt immer auf eigene Gefahr!*
Inhaltsverzeichnis
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Pilze Sammeln - Mit Adleraugen durch den Wald
Als ich Kind war, hieß es bei meinen Eltern, mit dem ersten Frost ist die Pilzsaison beendet. Es gab eine Zeit, da sammelten wir bereits Frühsommer Pfifferlinge. Eine Bekannte in der Nähe von Rathenow hatte da einen Geheimtipp, den wir Jahr für Jahr aufsuchten und da wurden wir immer reich beschenkt. Im Spätsommer und Frühherbst schwenkten wir dann auf Steinpilze und Maronen um, auf die wir eigentlich spezialisiert waren. Ich suche bis heute gerne Pilze, da ich das Gefühl habe, dafür ein besonderes Auge zu haben. Meine Mutter nannte mich immer Adlerauge. Ich kann mich sogar an eine Situation erinnern, da habe ich die Steinpilze im vorbeifahren gesehen. Wir hatten bereits volle Körbe, doch im losfahren aus dem Wald habe ich am Wegesrand immer noch ein paar schöne Exemplare entdecken können, so dass meine Eltern immer wieder anhielten, wenn ich wieder einen erspäht hatte.
Der Austernseitling als Augenöffner
Inzwischen weiß ich, dass die Pilzsaison keines Falls mit dem ersten Frost vorbei ist. Dieses Wissen habe ich sowohl meinen zahlreichen Ausflügen zu jeder Jahreszeit in die Natur und meinem Einsteiger- und Fortgeschrittenen-Pilzkurs im Herbst 2025 zu verdanken. Bereits vor einigen Jahren habe ich an einem meiner Lieblingsspazierwege eine alte Buche entdeckt, an der nicht nur Zunderschwämme wuchsen. Nein, an einem Februartag fand ich dort auch Pilze, die mir anhand der Wuchsform bekannt vorkamen. Sie waren zwar etwas dunkler, als ich sie aus dem Laden kannte, aber ich habe sie anhand Internetrecherche und wälzen meiner Pilzbücher bestimmen können. Es war mein erster Fund von Austernpilzen.
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Ein heimischer Exot? Die wahre Herkunft des Austernseitlings
Bis dato wusste ich nicht, dass diese auch in unseren Gefilden heimisch sind. Ich hielt sie immer für Importe aus Asien, so wie Shiitake oder Mu-Err. Aber tatsächlich ist der Austernseitling, auch als Pleurotus ostreatus, ein beliebter einheimischer Speisepilz, der in Deutschland seit über 100 Jahren kultiviert wird. Er wurde bereits in Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts erwähnt und ist einer der ersten Pilze, die so früh in die bürgerliche Literatur aufgenommen wurden. U.a. wird der Austernpilz seit dem Ersten Weltkrieg in Deutschland gezüchtet, denn sie halfen dabei die Lebensmittelversorgung während des Krieges zu sichern.
Winterpilze: Die heimlichen Schätze der Frostmonate
Das Besondere am Austernseitling ist, dass er für gewöhnlich einen Kältereiz unter 11 Grad Celsius braucht, um Fruchtkörper auszubilden. Daher gehört zu den Winterpilzen. Die Pilzsaison ist folglich kaum mit den ersten Frösten vorbei. Ganz im Gegenteil beginnt dann erst die Saison der Winterpilze, wie Austernseitling, Samtfußröhrling, Judasohr und Frostschneckling. Manchmal findet man den ein oder anderen Pilz auch außerhalb der kühlen Jahreszeit. Das hängt mit den inzwischen verbreiteten Zuchtpilzen zusammen. Vielen Pilzen ist der benötigte Kältereiz weggezüchtet worden, so dass sie auch ohne diesen beginnen zu wachsen. So trug es sich auch im September/Oktober 2025 zu, als wir während des Pilzkurses zu dieser Zeit bereits Austernseitlinge an einem Baum entdecken konnten.
Bewährte Fundorte, die mich Jahr für Jahr mit Austernseitlingen überraschen
Nun habe ich mich in diesen äußerst köstlichen Speisepilz verguckt und werde inzwischen auf meinen Streifzügen immer wieder fündig. In der Näher meiner Buche liegen bereits ältere Buchenstämme, auf denen ich im November 2025 eine weitere Austernpilzkolonie entdeckt habe. Nun schaue ich dort von Oktober bis März regelmäßig vorbei, denn dann ist Saison für diesen äußerst schmackhaften Speisepilz.
Matching-Partner des Austernseitlings
Es ist durchaus üblich, dass der Austernseitling an Buchen wächst. Er ist sowohl saprobiontisch, das heißt, auf einen Baumpartner angewiesen. Über dieses ungewöhnliche Datingverhalten von Pilzen und Bäumen habe ich bereits in diesem ARTIKEL berichtet. Es gilt aber auch als parasitisch, da er auch das Holz des Baumes zersetzt, auf dem er sich niedergelassen hat. Im Allgemeinen ist er an Stämmen und Stümpfen von Laubbäumen zu finden, also nicht nur auf Buchen spezialisiert. Ich habe ihn Anfang Dezember 2025 an einer Birke gefunden, was also durchaus ins Bild passt. Nadelbäume besiedelt er dagegen eher selten.
So erkennst du den Austernseitling
Sein Hut ist von 5 bis sogar 30 cm breit werden. Seine Form wird als Spatel- bis muschelförmig beschrieben. Die Oberfläche ist glatt, kahl glänzend und teilweise feucht klebrig. In der Hutfarbe ist er recht wandelbar. Wie ihr auf dem Bild unten sehen könnt, reicht die Farbe von grau-lila, grau-braun, grau-blau, schiefergrau bis schwarzviolett.
Ungenießbarer Doppelgänger des Austernseitlings? Da scheiden sich die Geister
Die Helleren Exemplare auf dem folgenden Bild hätte man auch gut für den ungenießbaren gelbstieligen Muschelseitling halten können. Dieser ist ein potentieller Verwechslungspartner des Austernseitlings, der zur gleichen Jahreszeit an Laub- und Nadelholz wächst. Dieser hat, wie sein Name schon sagt einen gelben Stiel und schmeckt nach längerem Kauen bitter und ist für die Küche daher nicht zu empfehlen. In Asien wird er dennoch als Speisepilz geschätzt. Nach neueren Erkenntnissen, enthält er jedoch Giftstoffe, die vom menschlichen Körper zunächst in Fettzellen eingelagert werden und im Zuge von Abnehmbemühungen freigesetzt werden.
Stiel, Lamellen, büscheliges Wachstum – typische Merkmale des Austernseitlings
Mein oben erwähntes Exemplar hatte einen weißen Stiel und weiße Lamellen mit beginnendem Myzelwachstum, ein Indiz für einen Austernseitling. Der Stiel des Austernseitlings ist sehr kurz und dick, an der Basis filzig und seitlich am Hut sitzend, manchmal aber auch fehlend sein kann. Ganz typisch ist auch, dass der Austernseitling meist büschelig aus einer Stelle am Baum herauswächst.
Sicher sammeln statt riskieren
*An dieser Stelle möchte ich nochmal erwähnen: Wenn du dir bei der Bestimmung unsicher bist, lasse den Pilz im Zweifel auf jeden Fall stehen.*
Warum der Austernseitling so gesund ist
In der Küche ist der Austernseitling ein sehr wertvoller Speisepilz, der viele B-Vitamine (insbesondere B1, B2, B3, B5, B6, B7 und B 9), Vitamin C, Vitamin D und Folsäure enthält. Zu den enthaltenen Mineralstoffen gehören Kalium, Magnesium, Eisen und Phosphor. Außerdem weist er einen hohen Ballaststoffgehalt auf, was förderlich für die Verdauung ist, Entzündungen verringern, Autoimmunerkrankungen lindern und das Immunsystem stärken kann. Sein ebenso hochwertiges Eiweiß enthält viele essentielle Fettsäuren, die eine wesentliche Rolle beim Knochenmarkswachstum und der Blutbildung spielen. Im Gegensatz zu anderen Pilzarten sind diese leicht verdaulich. Diesem wertvollen Eiweiß hat der Austernseitling wohl auch seinen mildes und fleischartiges Fruchtfleisch zu verdanken.
Austernseitlinge-Die kulinarischen Allrounder
Inzwischen gilt der Austernseitling deshalb als beliebter Fleischersatz und hat daher seinen Spitznamen „Kalbfleischpilz“. Als solcher wird er paniert und wie ein Schnitzel in der Pfanne gebraten. Oder er kann fein gehackt wie Hackfleisch für eine fleischlose Bolognese verwendet werden. Ideal für eine vegetarische oder vegane Ernährung. Dazu gibt es ein Rezept am Ende des Beitrags. Es gibt aber noch vielfältige andere Verwendungsmöglichkeiten. Wichtig dabei ist, dass der Austernseitling nicht roh verzehrt, sondern, wie auch viele anderen Pilze (siehe auch in diesem ARTIKEL) immer gut durchgegart werden sollte.
Fazit: Der Austernseitling ist ein nährstoffreiches Winterwunder
Heute hat der Austernseitling für mich nicht nur kulinarischen Wert, sondern symbolisiert auch eine Erweiterung meines Pilzblicks. Er hat mir gezeigt, dass der Wald selbst im tiefsten Winter voller Leben steckt – man muss nur aufmerksam genug sein, hinsehen und den eigenen Entdeckergeist wachhalten. Auf meinen Streifzügen zwischen Oktober und März schaue ich nun regelmäßig bei meinen vertrauten Buchen und Birken vorbei und freue mich jedes Mal, wenn ich die muschelartigen Fruchtkörper entdecke. Vielleicht geht es dir ja bald ebenso, wenn du selbst auf Pilzsuche gehst. Und bis dahin wünsche ich dir viel Freude beim Eintauchen in die faszinierende Welt der Winterpilze.
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Bilder
Bild 1 Beitragsbild „Große Austernseitlinge an Baumstamm“: selbst fotografiert.
Bild 2 „Kleine Austernseitlinge an Baumstamm“: selbst fotografiert.
Bild 3 „Verschiedene Hutfarben Austernseitling“: selbst fotografiert.
Bild 4 „Lamellen mit Myzel Austernseitling“: selbst fotografiert
Bilder aktuell erwerbbar bei: : shutterstock.
Rezeptbild: Eigene Erstellung der Grafik
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Austern-Seitling.
https://www.pilzbrut.de/austernpilze.
Hans E. Laux u.a., Der große Kosmos Pilzführer, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2022, S. 48.
https://www.kostbarenatur.net/Anwendungen-und-inhaltsstoffe/austernpilz.
https://www.biogut-wallenburg.de/produkt/140129/Austernpilze-.
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